Wagenalterung – Die ersten Schritte – Für Anfänger

Die Realität bei der echten Eisenbahn ist in der Regel schmutzig und voller Graffiti. Wie Sie den Dreck ans Modell bekommen, zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

In unserem neuen Tutorial zeigen wir Ihnen, wie man Kesselwagen mit Hilfe von Airbrush und Pulverfarben altert. Durchgeführt wurden die Arbeiten von einem unserer Kunden, der seine Erfahrungen in diesem Beitrag mit Ihnen teilt. Wir möchten vorab noch einmal darauf hinweisen, dass beim Umgang mit Farben und insbesondere einer Airbrush in geschlossenen Räumen, auf die Belüftung und angemessenen Atemschutz zu achten ist!

Unser Kunde Alex.Anlage ist bereits aus vorherigen Beiträgen bekannt und hat bereits seine sehr schöne H0 Anlage im Rahmen eines Anlagenportraits vorgestellt. Wer seine Anlage noch nicht kennt, der kann sich die Anlagenvorstellung hier anschauen!

Nun aber sein persönlicher Erfahrungsbericht zur Modellalterung:

Nach monatelanger Planung und jahrelanger Bauphase ist es endlich vollbracht und die Eisenbahn im heimischen Keller schlängelt sich harmonisch durch die perfekt gebaute Landschaft. Doch schnell findet sich das graue Haar in der Suppe, wenn die Idylle dieses perfekten Kleinods durch eine glänzende Plastiklawine unsanft in die Modellbahnrealität zurückgeholt wird. Ein Anblick, der mir auf meiner (weder perfekt noch harmonisch gebauten) Anlage vor allem bei Güterwagen ein Dorn im Auge war bzw. ist. Ich fasste mir also ein Herz und besorgte mir ein Anfänger Airbrushkit mit Kompressor und Airbrushpistole um dem Plastikglanz ein Ende zu setzen. Nun sollte dazu gesagt sein, dass es sich bei besagtem Anfänger Airbrushkit um ein Kit für rund 100€ handelt, welches auf Ebay erhältlich ist. Für den professionellen Alterungsspezialisten wohl ein Graus, für mich erschien es vorerst ausreichend.

Um die Umwandlung beginnen zu können, benötigt es natürlich noch Farben. Um einen Rundumschlag der wichtigsten Farbtöne bei der Alterung zu erhalten, griff ich auf das Vallejo Model Air Weathering-set 71194 und das Noch Patina Pulver 61165 zurück.

Den Anfang -und darum dreht es sich in diesem Beitrag auch- sollte eine Reihe von KVG Kesselwagen der Marke Piko 54194 machen. Kesselwagen schienen mir eine recht dankbare Einsteigerplattform zu sein und ich selbst hatte einige dieser Wagen für einen guten Preis erstehen können. Der finanzielle und materielle Ruin bei eventuellem Versagen der ersten Alterungsversuche war somit abgewandt. Ein guter Freund klärte mich in einer kurzen Einweisung über die Grundlagen der Arbeit mit der Airbrushpistole auf und nachdem ich Blut geleckt hatte, konnte es endlich losgehen.

Vorbild für diese Alterung war ein alter KVG-Zans mit einem homogenen Rostschleier auf dem Kessel und gut sichtbarem Flugrost auf Drehgestellen und Fahrgestell. Mit viel Vorsicht und einer Brise Zerstörungswut musste der Modellwagen auseinandergenommen werden. Das bedeutete: Drehgestelle entfernen, Achsen ausbauen, Behälter (Kessel) und Fahrgestell voneinander trennen und Anbauteile vom Behälter abnehmen.

Zunächst wurde sich um die Achsen gekümmert. Die Fläche der Räder wurde mit schwarzer Farbe des oben genannten Model-Air Sortiments angepinselt und die Ränder der Räder erhielten einen leichten Rostton. Alternativ zur komplett schwarzen Färbung der Radflächen eignet sich auch ein Gemisch aus Schwarz und Farbtönen wie „Dirt“ („Suciedad“), oder „Rust“ („Oxido“). Ob man sich bei den ausgewählten Farben für Metallic oder die regulären Farbtöne entscheidet, liegt wohl im Auge des Betrachters. Ich habe bei den Rändern der Achsen Metallic verwendet, bin aber bei dem Rest des Wagens bei den Standardfarben verblieben.

Nach den Rädern folgten die Drehgestelle. Diese wurden mit einem Gemisch aus „Dirt“, „Rust“ und Schwarz benebelt. Ein nettes Detail welches man hinzufügen kann, sind weiße Punkte auf den Achsdeckeln, oder das Hervorheben der Bremsbacken. Auf beides wurde in diesem Fall verzichtet, wird aber an anderen Beispielen in diesem Bericht nochmal gezeigt. Für ein besseres Handling während des Besprühens können die Drehzahpfen der Drehgestelle zum Beispiel auf ein Essstäbchen aufgesetzt werden. Nach einer Behandlung mit Mattlack können an den Drehgestellen weitere Akzente gesetzt werden, entweder zur Verstärkung des Flugrosts mit Pulverfarben oder zum Hervorheben von markanten Kanten mittels weißer, stark ausgetrockneter Acrylfarbe (Drybrush).

Simultan zu den Drehgestellen erfolgt die Bearbeitung des Fahrgestells. Im Vorlauf zur Benebelung des Drehgestellt können Handläufe, Griffe, Ventile oder Hähne mit gelb, rot, weiß oder anderen Farben vorbehandelt werden. Man sollte sich hier einfach an Vorbildfotos orientieren. Wer möchte kann auch die Aufschriften ganz oder Teilweise abkleben um den Eindruck entstehen zu lassen, dass diese gerade „frisch freigewischt“ worden sind. Da der Kesselwagen dieses Projekts schon ein wenig verwitterter daherkommen sollte, wurden die Anschriften nicht abgeklebt.

Aufstiege, Treppen, Leitern, Laufgitter und ähnliche Aufbauten sollen natürlich auch nicht vergessen werden. Bei diesen Teilen habe ich mich nur teilweise an Vorbildern orientiert. So wurde die Aufstiegsleiter auf den Behälter zunächst nach eigenem Gusto in einem Aluminiumton eingefärbt, bevor sie mit „Dirt“ und schwarz überzogen wurde. Die Aufstiegstreppen der Bremserbühne wurden ebenfalls mit einem Aluminiumton, und die Halterung der Treppen mit grün angepinselt. Um die Bremserbühne altern zu können, habe ich sie an der –ohnehin nicht sichtbaren- Unterseite mit doppelseitigem Klebeband an ein Essstäbchen geklebt.

Der Behälter ist vermutlich der spannendste Teil des Projektes, schließlich ist er das, worauf der Betrachter als erstes guckt. Verschmutzungsbilder im Vorbild differenzieren stark. Manche Wagen sind nur leicht mit Staub belegt, andere sind mit einem starken Rostton –vor allem auf der Oberseite- versehen, und wieder andere haben so starke Lackschäden, dass die Grundierung sichtbar wird. Wie bereits erläutert, sollte der Behälter mit einem Rostflaum überzogen werden. Vor dem aufbringen des Rosts musste der Untergrund vorbereitet werden, wobei der erste Schritt im Ausbleichen des Behälters bestand. Zum Ausbleichen verwendete ich ein starkes hellgrau und versuchte den Wagen gleichmäßig zu benebeln.

Nach dem Ausbleichen des Behälters ging es an die eigentliche Alterung. Auffällig bei vielen hellgrauen Kesselwagen, ist der farbliche Kontrast der Kesselringe zum Rest des Wagens. Es macht also durchaus Sinn, die Kesselringe vor dem Altern abzukleben. Wie wir später noch sehen werden, hatte das Abkleben der Ringe hier keinen Einfluss auf das Aussehend es Behälters. Zunächst wurden die Unterseite und die Stütztraversen des Wagens behandelt. Der Unterboden wurde mit einer Mischung aus „Dark Green“, „Dirt“ und schwarz eingesprüht, die Traversen wurden mit „Rust“ und schwarz eingepinselt. Die Oberseite wurde lediglich mit einem Hauch „Dark Green“ eingenebelt.

Um den homogenen Rostton auf den Behälter aufzubringen, verwendete ich einen Mix aus „Staub“ und „Sand“ des Noch Patinapulvers. Dieses Gemisch wurde zunächst mit Wasser verdünnt und anschließend auf dem Behälter verstrichen bzw. von oben nach unten laufen gelassen.

Ich wählte die Pulverfarben anstatt der Airbrush, um Verläufe und plötzliche „Kanten“ im Alterungsmuster besser erzeugen zu können. Ein Vorhaben, welches mir leider nur teilweise gelungen ist. Wie auf den Bildern zu erkennen ist, ist die Alterung mit den Pulverfarben leicht „bepunktet“. Nachdem alle Teile des Wagens separat gealtert und getrocknet waren, konnte der Wagen wieder zusammengebaut werden. Es darf dabei natürlich nicht vergessen werden, die frischen Farben nach dem trocknen mit reichlich Mattlack gegen Beschädigungen zu schützen. Wie ich im Betrieb mit dem Wagen herausfand, hätte ich diese Behandlung etwas sorgfältiger durchführen können, denn an wenigen Stellen des Behälters ist die Patinierung beschädigt.

Das Alterungsergebnis ist für eines meiner ersten Ergebnisse ganz zufriedenstellend, auch wenn noch deutlich Luft nach oben vorhanden ist.

Nun noch zwei weitere Beispiele:

Häufiger anzutreffen sind Kesselwagen, die nach dem Verkauf an einen neuen Besitzer eine umlackierte Fläche besitzen, welche das alte Logo verdeckt und eine Grundfläche für das neue Logo bietet. Dabei wird das restliche Erscheinungsbild des Wagens unberührt gelassen. In den folgenden zwei Fällen handelt es sich um ex-KVG Wagen, die nun im Besitz der Firma „GATX“ sind. Um diese Wagen nachzustellen, wurden die Modellwagen zunächst herkömmlich gealtert. Nach der vollständigen Alterung wurde das alte Logo abgeklebt und mit schwarz oder dunkelgrau mit wenig Druck überlackiert (wobei auch dafür die Model Air Farben zum Einsatz kamen). Die Logos des neuen Betreibers standen als Nassschiebebild zur Verfügung. Im Gegensatz zu dem im Bericht mit nassen Pulverfarben bearbeiteten Wagen, wurde bei diesem Wagen der Behälter mit trockenen Pulverfarben bearbeitet. Deutlich zu erkennen ist die starke Rostfärbung auf der Oberseite des Behälters. Diese kam zustande, indem die Pulverfarbe zunächst mit dem Pinsel in groben Mengen auf die Oberseite des Behälters getupft und anschließend mit Druck dem Bauch des Kessels folgend nach unten gestreift wurde. Im Vergleich zu unserem zuvor gealterten Wagen, ergibt sich hier ein deutlicher Unterschied in der Ausprägung der Verwitterung. In diesem Beispiel sind auch die freigelegten Kesselringe und die weiß gefärbten Achsdeckel zu erkennen.

Die Modellalterung ist meiner Meinung nach eines der schwierigeren Kapitel unseres Hobbies. Letztendlich sollte man sich nach einiger Recherche zur Technik und zum Vorbild einfach mal ran wagen. Dabei ist es wahrscheinlich noch nie vorgekommen, dass man in der Lernphase kein Lehrgeld gezahlt hat. Beschließt man mit der Modellalterung zu beginnen, empfiehlt es sich verschiedene Materialien anzugucken, deren Anwendung zu verstehen -und im besten Fall- seine eigene Technik für das perfekte Gelingen zu entwickeln. Um den Grundstein zu legen, findet man im Internet oder in der Literatur auch die ein oder andere Hilfe.

Modelle selbst altern

Wir hoffen, dass wir Ihnen die verschiedenen Schritte des Alterns verständlich vorstellen konnten. Wenn Sie Lust auf Ihr erstes eigenes Alterungsprojekt bekommen haben, dann schauen Sie doch in unserem Shop vorbei! Dort finden Sie in den Themenwelten Airbrush and Farben passende Hilfsmittel und Materialien für Ihre eigenen Alterungsversuche. Wenn Sie ab Werk gealterte Modelle bevorzugen, dann finden Sie alle Modelle hier im Shop.

One comment

  1. Ganz tolle Idee.ich hatte die kesselwagen am Anfang mit einem Bleistift bemahlt und dann mit den Fingern verwischt,Sah auch nett aus,aber hatte nicht den Effekt wie Sie es gemacht haben.Super

Leave a comment

Your email address will not be published. Erforderliche Felder sind mit * markiert