In diesem Beitrag erzählt uns Sebastian aka sebbs1zu87, wie er einen Kesselwagen altert und zeigt außerdem Schritt-für-Schritt, wie auch ihr die ein oder andere Patinierungs-Sünde retten könnt:
Das Modell:
Als ich eines Abends wieder mal in der Börse des Stummi-Forums herum suchte, stach mir ein etwas „besonderer“ Kesselwagen ins Auge. In der Beschreibung stand: „Realistisch gealtert“. Die Bilder jedoch, sagten etwas anderes!
Der Wagen war völlig verschmiert, es wurde scheinbar wahllos Farbe auf Kessel und Fahrgestell verteilt. Erst dachte ich, das Modell sei hoffnungslos verloren und suchte weiter. Später jedoch, stieg das Verlangen auf, es doch noch irgendwie zu retten!
Denn dieses Schicksal hat kein Kesselwagen verdient:
Und das hätte aus ihm werden können wenn er im Neuzustand gewesen wäre…:
Nun ja, da war er nun! Also erstmal komplett zerlegen das gute Stück!
Die Idee:
Die originale, blaue Farbgebung ist nicht mehr zu retten, da sich die aufgetragene Patinierung nur mit Verdünner entfernen lässt. Aber zumindest die „ARAL“ Logos wollte ich versuchen zu erhalten! Der Rest des Kessels sollte Grau mit vielen Ausbesserungsstellen werden. Eben so, als hätte Aral einen bereits gut gebrauchen Kesselwagen eines anderen Unternehmens gekauft, die alten Beschriftungen kurzerhand mit einem dunkleren Grau überstrichen und sein eigenes Logo frisch aufgebracht – so wie es auch in Natura öfter vorkommt. Trotzdem hat diese Farbgebung kein direktes Vorbild!
Der Kessel:
Das Logo wurde äußerst vorsichtig und so gut es ging mit Verdünner von der schmierigen Farbe befreit. Dazu eignet sich ein Wattestäbchen. Als das geschehen war, wurde das Logo mit Tamiya Masking Tape abgeklebt. Der Vorteil von diesem Maskier-Klebeband ist, dass das Logo im aufgeklebten Zustand durchscheint und man dadurch mit einer neuen, scharfen Skalpellklinge exakt an den Kanten entlang schneiden kann. Dadurch ist es, etwas Übung vorausgesetzt, perfekt abgeklebt!
Und jetzt geht’s ans Lackieren: Zuerst wurden alle Kunststoff-Teile mit einem Primer (z.B. dem schwarzen Primer von Vallejo) lackiert, um ein eventuelles Abgreifen der Farbe im späteren Fahrbetrieb zu vermeiden. Dann wird es etwas knifflig, denn jetzt muss man umdenken! Der Wagen soll später in einem ausgeblichenen Grau mit dunklen, frischen Farbflecken da stehen – also lackieren wir zuerst das dunklere, frische Grau:
… um dann, wieder mit dem Tamiya Tape, die Ausbesserungsstellen abzukleben. Hier habe ich versucht den Effekt zu erzielen, dass sowohl die alten Firmenlogos (symmetrische Flecken auf beiden Seiten), als auch ausgebesserte Roststellen (unregelmäßige Flicken, auf jeder Seite unterschiedlich) zu finden sind. Vor dem Abkleben sollte die Farbe jedoch einen Tag zum vollständigen Trocken gehabt haben!
Nun kommt die alte, ausgeblichene Farbe darüber! Diese habe ich aus dem vorherigen Grau angemischt, indem ich die Farbe einfach mit etwas Weiß aufgehellt habe.
Tipp: achtet darauf, dass ihr die Farbe nicht zu hell macht! Grau bleicht mit der Zeit aus, ja! Aber es wird kein fast weißer Farbton daraus! Also hellt die Farbe soweit auf, bis sie eine realistisch ausgebleichte Nuance des vorherigen Farbtons ist. Im Internet finden sich dazu viele schöne Vorbild-Fotos, auf denen man diesen Effekt sehr schön sehen und nachvollziehen kann!
Ist das soweit geschehen und getrocknet, kann man sich nun entscheiden, ob man die Flicken weiter abgeklebt lässt (dann wirken sie tatsächlich wie frisch lackiert) oder man entscheidet sich wie ich und entfernt das Maskier-Tape nach dem Lackieren. Dadurch werden die Flicken zusammen mit dem Rest des Kessels etwas weiter gealtert und fügen sich recht harmonisch ins Gesamtbild ein!
Ist das Tape entfernt (einzig das Aral-Logo bleibt weiterhin abgeklebt), bringen wir nun noch etwas mehr „Leben“ auf die Oberfläche! Denn das einheitliche Grau in Grau wirkt doch etwas langweilig. Zu Hilfe kommen uns dort die Weathering Pencils von AK Interactive. Wie auf dem Bild zu erkennen, habe ich Stifte heraus gesucht, die den Grautönen des Kessels recht ähnlich sind. Dadurch können wir den ausgeblichenen und vom Regen verwaschenen Effekt weiter verstärken!
How to: Man malt mit den Stiften vertikale Streifen auf die Seite des Kessels und verblendet diese dann mit einem in etwas Wasser angefeuchteten, weichen Pinsel!
Die Stifte sind ein Must-Have für jeden! Denn sie lassen sich – sollte einem das Ergebnis nicht gefallen – auch leicht mit Wasser vollständig wieder entfernen!
Nun kommen wir zu den Roststellen! Hier scheiden sich die Geister… Viele sagen, solche Roststellen kommen bei Originalen nicht vor. Und auch meine Vorbild-Fotos zeigen, dass diese Art von Roststellen eher selten sind. Trotzdem bringen sie deutlich mehr Kontraste auf das recht langweilige Grau und sorgen so für mehr Details auf der Oberfläche.
Beginnen wollen wir mit den Kesselringen. Damit auch wirklich nur diese und nicht gleich auch noch der Rest des Kessels Roststellen bekommen, müssen wir hier etwas vorsichtiger vorgehen. Alternativ kann man die Kesselringe mit Maskier-Tape abkleben!
Profi-Hack: Nimm einen Putzschwamm und rupfe ein kleines Stück davon ab. Dieses dann mit einer Klemm-Pinzette greifen und fertig ist das perfekte Werkzeug für feine Roststellen!
Als Farbe kommt Vallejo German Blacl-Brown zum Einsatz. Der Schwamm darf dabei nur so wenig Farbe aufnehmen, dass er keine dicken Flecken hinterlässt sondern nur kleine Pünktchen! Also lieber immer erst an einem Stück Papier oder ähnlichem den Schwamm genügend „leer tupfen“ bevor es an das Modell geht!
Und so haben wir nun die Kesselringe mit sehr feinen Roststellen versehen. Aber natürlich können wir mit dieser Technik auch hier und da am Kessel selbst kleine Roststellen entstehen lassen!
Nun kommen wir zur großen Magie beim Kessel: dem Flugrost! Und diesen einigermaßen realistisch darzustellen, ist einfacher als gedacht. Wir benötigen dafür die Pigmente von Vallejo, Farbe: Burnt Umber. Diese werden mit einem breiten und vor allem sehr weichen Pinsel vom Kesselscheitel aus nach unten aufgetragen.
Man nimmt also mit dem Pinsel etwas von den Pigmenten auf, setzt den Pinsel am Kesselscheitel an und zieht diesen dann genau gerade herunter. So entstehen ein schöner Rostverlauf und leichte Regenlaufspuren im Rost!
Wildes Wischen und Tupfen ergibt (zumindest meiner bescheidenen Meinung nach) kein realistisches Aussehen! Hier spielen uns auch die hellen Striemen, die wir mit der Airbrush aufgesprüht haben in die Karten. Denn so bekommt der Flugrost – ganz von selbst – unterschiedliche Schattierungen und Verläufe. Sehr oft ist auch an den Kesselringen ein deutlicher Flugrost-Ansatz zu sehen, der sich bis an die Unterseite des Kessels zieht. Auch diesen können wir vorsichtig mit den Pigmenten nachbilden!
Nachdem wir alles mit mattem Klarlack versiegelt haben (in diesem Falle das Ultra Matt Varnish von AK Interactive), können wir das Maskier Tape von dem Aral-Logo ziehen und sehen das erste Mal den Gesamteindruck des Kessels! Wenn man bedenkt, wie er vorher aussah, schaut es doch schon gar nicht schlecht aus. Aber da geht noch mehr!
Denn nun können wir noch mit Fuel Stains von Vallejo (ein glänzender Klarlack mit braun-orangener Färbung, ähnlich wie Benzin) und einem sehr (sehr!) feinen Pinsel, in meinem Falle ein 0/10, etwas ausgelaufenes Ladegut darstellen! Auch das gehört eher in die Kategorie „künstlerische Freiheit“ und ist kein realistisches Abbild dessen, was bei der realen Bahn passiert. Denn leicht endzündbare Stoffe so überlaufen zu lassen ist recht fahrlässig! Zudem sollte man diesem Effekt nicht übertreiben und sich vorsichtig ran tasten. Weniger ist da oft mehr, obwohl die Hälfte sowieso später unter dem Umlauf verschwindet!
Apropos Umlauf: Diesen habe ich einfach ebenfalls mit den Burnt Umber farbenen Pigmenten von Vallejo behandelt, mit mattem Klarlack versiegelt und dann auf den Kessel geklipst. Anschließend habe ich mit etwas schwarzer Ölfarbe von MIG die Bereiche um den Einfüllstutzen etwas eingesifft, so wirkt es nicht so monoton und deutlich interessanter!
Und somit wäre der Kessel weitestgehend fertig! Schaut doch schon mal gar nicht so schlecht aus. Doch da fehlt noch was… richtig, das Fahrgestell! Und darum kümmern wir uns jetzt:
Auf Seite 2 geht es weiter mit dem Fahrgestell!
Sehr interessanter Artikel.
Schritte klar erklärt.
Gerne mehr Artikel wie dieser.